Pressesprecher: „Hühner-KZs“ – Die V-Partei³ und der Holocaust-Vergleich

  • V-Partei³ Pressesprecher des Landesverbands Rheinland-Pfalz, Fritz Stavenhagen, spricht in Interview von „Hühner-KZs“
  • Umgang des Bundesvorstands mit Holocaust-Vergleichen fragwürdig?
  • V-Partei³ nimmt an Veranstaltung des rechtsgerichteten Tierschutzvereins Animal Peace teil

Dem Schweizer Nationalrat der Grünen, Jonas Fricker, blieb vorgestern trotz seiner öffentlichen Entschuldigung nur der Rücktritt. Ausgangspunkt war Frickers Rede im Nationalrat, in der er die Massentierhaltung mit dem Holocaust gleichsetzte. Auch in Deutschland sind Vergleiche der industriellen Tierausbeutung mit dem Holocaust in Tierschutzkreisen immer noch verbreitet. Prominentestes Beispiel ist die Peta-Kampagne „Holocaust auf dem Teller“, welche 2012 von europäischen Gerichtshof verboten wurde. Peta steht bis heute hinter der Kampagne und der darin verwendeten Gleichsetzung.

Der Schauspieler und Regisseur, Fritz Stavenhagen, Pressesprecher des V-Partei³ Landesverbands Rheinland-Pfalz sprach im Rahmen eines Interviews auf dem Youtube-Kanal „Wen Wählen?“ zuletzt von „Hühner-KZs“. Zwei Tage vor der Bundestagswahl 2017 erklärte er in diesem Interview:

„Das weiß doch jeder, ich meine, die Ställe, früher sind jetzt die KZs, die Hühner-KZs sind jetzt alle, sind jetzt weg, heißt es. Angeblich! Werden ja auch die meisten weg sein. Jetzt heißt es Bodenhaltung.“

Fritz Stavenhagen V-Partei³

Fritz Stavenhagen – Pressesprecher des V-Partei³ Landesverbands Rheinland-Pfalz – Foto: Katharina Lonitz (CC BY-SA 3.0)

Wie die V-Partei³ zu Holocaust-Vergleichen steht, lässt sich auf der Internetseite der Partei nachlesen. Dort steht unter dem Titel „Gegen das Vergessen!“:

„Auch in der Tierschutzszene tauchen vereinzelt Stimmen auf, welche die Opfer der NS-Zeit mit der Situation der Tiere in der heutigen Massentierhaltung gleichsetzen. Dies ist aus verschiedenen Gründen falsch und gefährlich, auch wenn den meisten Menschen aufgrund ihrer Empathie gegenüber allen Lebewesen keine Rechtslastigkeit angedichtet werden kann:

Der Vergleich mit Massentierhaltung und –schlachtung ist also unangebracht, kurzsichtig und politisch nicht zielführend. Man kann nie ein Unrecht mit einem anderen vergleichen.

„Für die Gänse ist jeden Tag Weihnachtsmarkt“ postete eine gewisse Silke Ruthenberg auf der Seite von Animal Peace provokant nach dem jüngsten Anschlag in Berlin und brachte damit die Tierschutzszene in Verruf. Das Zitat ist eine Anspielung auf Isaac Bashevis Singers nicht unumstrittende Äußerung „Für die Tiere ist jeden Tag Treblinka“ – Treblinka war eines der NS-Vernichtungslager.  Wir distanzieren uns ganz entschieden von dieser Sichtweise!“

Anlass dieses Textes waren die Äußerungen des damaligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden der V-Partei³, David Ekwe-Ebobisse. Dieser hatte in einem seiner Youtube-Videos erklärt:

„50 Millionen [Küken] davon werden zerschreddert ja, oder vergast! Und da sind wir wieder beim Holocaust-Vergleich. Und das Traurige daran ist, dass es Tieren noch schlimmer geht als im Holocaust, weil sie ja nie frei gelebt haben. Sie werden ja extra darauf hingezüchtet, getötet und aufgegessen zu werden. Etwas barbarischeres kann ich mir nicht vorstellen. Da ging es den N*****, den Juden und all den Behinderten und Krüppeln zur Zeit der NS-Zeit noch viel besser. Seid mir nicht böse, es ging ihnen besser!“

Ekwe-Ebobisse, welcher in Frankfurt das Rohkostrestaurant „Green Foody“ betreibt, verbreite in seine Videos überdies antisemitische Verschwörungstheorien, unwissenschaftliche und lebensgefährliche Empfehlungen für die Behandlung von Krebs, völkische Theorien und sprach von „Juden oder Andersrassigen“.

Knapp drei Monate nach Erscheinen der Recherchen auf Indyvegan kommentierte der Bundesvorsitzende der V-Partei³, Roland Wegner, zu Ekwe-Ebobisses Äußerungen:

„Schau dir die Videos von David einfach mal selber an. In seinem impulsiven Redefluss erkennst du keine Abwertung gegenüber Menschen anderer Nationen. Er ist vielleicht kein ausgesprochener Diplomat, er provoziert wohl auch gerne, um dadurch Aufmerksamkeit für sein Geschäft zu erhalten. Nicht in allen Dingen stimme ich ihm zu, aber das ist seine persönliche Meinung. Hier und da im Redefluss gibt es für […] Indyvegan Möglichkeiten, Aussagen zu verdrehen. Die Videos sind m. E. Privatsache, zudem hat David seine formale Funktion zurückgegeben, der IV-Bericht ist somit erst recht obsolet.“

Roland-Wegner-V-Partei³

Roland Wegner – Bundesvorsitzender der V-Partei³ – Foto: Keiko Kremer (CC0)

Einen Monat später, also vier Monate nachdem Ekwe-Ebobisses antisemitische Äußerungen öffentlich bekannt wurden, leitete der Bundesvorstand ein Ausschlussverfahren gegen Ekwe-Ebobisse ein, woraufhin dieser die Partei selbst verließ. Obwohl das betreffende 9-minütige Video im Recherchematerial der Seite indyvegan.org verlinkt und die betreffende Passage zitiert war, gab der Bundesvorstand der V-Partei³ folgenden Grund für die Einschätzung Wegners und für die späten Konsequenzen an:

„Inhaltlich waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle der zahlreichen Videos gesichtet. Wir gestehen ein, hier zu Beginn nicht genau geprüft zu haben. Daraus haben wir gelernt und befinden uns seit Längerem in einem Professionalisierungsprozess, der derartige Vorkommnisse verhindert.“

Es bleibt fraglich, warum Mitglieder des Bundesvorstands die kritischen Veröffentlichungen über ihre Partei zu einem Zeitpunkt als „Hetzkampagne“ einordneten, als sie die darin enthaltenen Vorwürfe laut eigenen Angaben noch „nicht genau geprüft“ hatten.

Auch, da die V-Partei³, wie zuletzt im Juli 2017, auf einer Veranstaltung des rechtsgerichteten Tierschutzvereins „Animal Peace“ auftrat, steht die Glaubwürdigkeit ihrer Stellungnahme zu rechtem Gedankengut sowie gegen Holocaust-Vergleiche infrage.

Animal Peace, Veranstalter der Veganmania München sowie der Veganmania Regensburg, war wegen menschenverachtender Äußerungen mehrmals in die Diskussion geraten. Animal Peace relativierte die Opfer von Terroranschlägen, freute sich an dem tödlichen Unfall eines Viehwirts und verharmloste mehrmals den Holocaust. Kritik bekam der Verein auch, weil er Adolf Hitler als „Tierfreund“ darstellte. Animal Peace betrauerte den Tod eines bekannten Rechten (Udo Ulfokotte) und ehrte diesen für sein Wirken im Tierschutz. Eineinhalb Wochen vor der Veganmania in München rief der Verein unter der Überschrift „Nur ein toter Jäger ist ein guter Jäger“ auf Facebook zum Mord an Jägern auf. Die V-Partei³ trat dennoch auf der Veranstaltung von Animal Peace auf.

Der bayerische Landesverband präsentierte sich mit einem eigenen Stand. Die V-Partei³ Landesvorsitzende in Bayern und Beisitzerin im Bundesvorstand, Christine Rustler, sowie der stellvertretende Bundesvorsitzende und Landesvorsitzende in NRW, Michael Kneifel, waren persönlich vor Ort.

Auch andere, bekanntere Parteien und Vereine sahen in den Aktivitäten von Animal Peace keine Gründe gegen eine eigene Präsenz auf der Veganmania. Diese Organisationen nahmen ebenfalls teil:

  • Partei Mensch Umwelt Tierschutz Bayern
  • Peta Zwei
  • VEBU
  • Albert Schweitzer Stiftung
  • Animals United
  • Animal Equality
  • Sea Shepherd
  • Tierschutztheater
  • Ärzte gegen Tierversuche